Hallo Dr. Tux,
vielen Dank für diesen Beitrag. Ich habe diese Diskussion auch verfolgt, nicht ganz so detailliert, aber ich finde es doch spannend wie sich Red Hat hier scheinbar ohne Not selbst zerlegt und jegliches Vertrauen verspielt. Ob der neue Besitzer (IBM) hier ein "Effizienzprogramm" auferlegt hat kann man nur orakeln.Eigentlich könnte man sich amüsiert zurücklehnen. Schade nur, das es leider die Reputation von Open Source insgesamt schwächt - AKA: "Die streiten ja doch nur rum und am Ende steht man alleine da."Wie so oft ist die Welt aber nicht nur schwarz oder weiß.Für uns "End-Anwender" ist der Wechsel zu einer communitygepflegten Distribution vergleichsweise einfach möglich. Außer das man sich an neue Tools und Interfaces gewöhnen muss, ist da nicht viel Dabei. Ich bin ja privat auch eher ein Freund solcher Lösungen. Vor vielen Jahren hatte ich mir mal eine Red Hat Distribution zugelegt. Nur so zum Spaß, um da mal rein zu schnuppern. Ich habe nach sehr kurzer Zeit damit entnervt aufgehört, da ich es noch erheblich verbastelter fand als SuSE. Das ist allerdings schon sehr, sehr lange her, seit dem hat sich viel getan. Ich nutze und schätze Debian und Arch sehr.
Mein persönlicher Wechsel von SuSE zu Debian lag aber auch genau an dieser "Bevormundung" in Form von Frontendtools die in den Ablauf eingreifen und anderen nicht oder nur partiell dokumentierten Merkwürdigkeiten.
Auf der anderen Seite haben aber gerade die firmenbasierten Distributionen auch ein Plus. Wer hat sich denn selbst die ISDN Treiber für seinen Kernel gebaut? Mit allen dafür nötigen Abhängigkeiten, passend für die genutzte Hardware und dem aktuellsten Kernel? Da hatte SuSE am Anfang die Nase vorn. Auch ließen sich damals die gekauften wesentlich einfacher installieren. Menügeführt, komfortabel.
Ich darf da mal an Slackware der Anfangszeit erinnern. Ohne eine Tonne Expertenwissen, kam man noch nicht mal zum Installer selbst. Wenn man es installiert hatte fing der Spaß erst richtig an.
Hier haben glücklicherweise die Community Distris erheblich zugelegt und bieten einen ähnlichen Komfort wie die Kaufware. Selbst so Konzepte wie Arch Linux, die quasi den Anwender dazu zwingen wollen sich mit jeder Komponente des Systems einzeln auseinanderzusetzen, gibt es mit EndevourOS (das ich nutze) und Manjaro zwei Varianten, die sich auch einfacher installieren lassen.
Was man im Gesamtzusammenhang aber nicht vergessen darf ist, das wir Endanwender nur einen verschwindend kleinen Teil der Verkäufe für Unternehmen wie SuSE und Red Hat ausmachen. Das große Geld verdient man mit Unternehmenskunden.
Schwieriger bis Unmöglich wird nämlich ein Wechsel auf eine Community Distribution, wenn man selbst ein Unternehmen hat und sich nicht nur die Software sondern auch die Unterstützung dafür sichern muss. Unterstützung, Garantierte Unterstützungszeiten, Verfügbarkeit von Sicherheitspatches, etc, etc. Wenn man z.B. seine Unternehmens IT darauf aufgebaut hat, will (ja, darf) man da nicht über Nacht ohne Support da stehen, nur weil sich die Community gerade in den Haaren hat oder der Package Maintainer für unbestimmte Zeit in Urlaub ist. Einklagen ist da auch schwierig.
Und wenn dann die Distri die Basis für ein eigenes Produkt des Unternehmens sein soll, wird es noch haariger. Dann muss erst recht ein tragfähiges Bach2Back Agreement her, das man mit einer Community wohl eher schwierig wird rechtssicher abschließen können.
In sofern ist der Erfolg von Open Source im professionellen Umfeld doch stark abhängig von Firmen wie RedHat, SuSE, Canonical und Co, um damit auch einen verlässlichen Partner im Rücken zu wissen - den man zur Not auch verklagen kann

.
Liebe Grüße, Klaren